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Durch die schottischen Highlands   - oder: Wo gibt’s denn hier Benzin?

22.Mai bis 29. Mai 2001 

Schon lange hatte ich wieder Lust darauf, mit dem Rucksack durch weite Natur zu wandern und das Ganze müsste möglichst billig und schnell zu erreichen sein. Ich musste nicht lange im Web stöbern und hatte bald ein Ziel vor Augen: Schottland sollte es sein. 

Nachdem ich mich auf verschiedenen Internet-Seiten informiert hatte und immer wieder vom West Highland Way las, guckte ich mir das näher an. Ich brauchte nicht lange zu überreden und schon war auch Kathrin aus Clausthal-Zellerfeld im Harz von der Idee begeistert.Aber bald stellten wir fest, dass der ganze West Highland Way nicht das war, was wir suchten, die langen Wanderungen durch die schottischen Lowlands von Glasgow in den Norden waren uns nicht „spektakulär“ genug – zu viele Orte, Menschen, Straßen – das war es nicht, damit wollten wir die knappe Urlaubszeit nicht verbringen.

Weil es möglichst preiswert sein sollte, buchten wir bei der RyanAir, die von Hahn im Hunsrück (ca. 70 km westlich Frankfurt) täglich nach Prestwick bei Glasgow fliegen. Die Fluglinie beschränkt sich auf das Nötigste und bietet keinen besonderen Service – aber sie sind billig und pünktlich, was will man mehr? Wir buchten einen Flug für Hin- und Zurück gerade mal DM 175,00 incl. aller Steuern pro Person. In Prestwick gibt es dann halbstündlich eine Busverbindung zur Innenstadt von Glasgow für 50 Pence (nicht mal 2 Mark) und von dort Anschluß-Busse in alle Himmelsrichtungen. Das machten wir uns zunutze und beschlossen nach der Ankunft gleich mit dem Bus ca. 100 km nach Norden zu fahren, um den Startpunkt unserer Reise – inmitten der weiten Täler und Hochmoore der Highlands bereits am Anreisetag zu erreichen.

Wir wollten die Wander-Tour möglichst unabhängig und autark gestalten und planten deshalb auch den gesamten Proviant für eine Woche mit in die Rucksäcke zu packen. Ansonsten nur das Nötigste und dazu noch vernünftige Schlechtwetterausrüstung, wie Handschuhe, Goretex-Gamaschen, sowie Erste-Hilfe-Set und Notwerkzeug.

Die Zeit vergeht im Flug und am Montag den 22. Mai 2001 abends reist Kathrin bei mir an, wir packen noch unsere Sachen, legen das Eine oder Andere zur Seite – Gewichtstuning oder so ähnlich nennt man das – und haben schließlich 2 prall gefüllte Rucksäcke mit je 20 kg zusammen, da fehlt nun nur noch das Wasser und das Benzin für die Tour.   

22.05.2001
Nach einem gemütlichen Frühstück geht es los aus der „Mitte Bayern“ nach Hahn im Hunsrück zum ehemaligen US-Militär-Flugplatz. Nach ca.  3 ½ Stunden  waren wir dort und erst mal sehr überrascht. Über holprige Betonstraßen geht es auf das Gelände. Wo sind denn hier die Flugzeuge? Außer vielen Hallen und barackenartigen Gebäuden sehen wir noch jede Menge geparkte Autos – Parken ist kostenlos. Den Rucksack erstmals auf dem Rücken laufen wir von unserem Parkplatz die ca. 300 Meter zum Abfertigungsgebäude, ein übersichtliches modernes Gebäude mit 3 oder 4 Check-In-Schaltern und 2 oder 3 Kiosken oder ähnlichem – das wars auch schon.

Schnell haben wir eingecheckt – die Bordkarte ist eine einlaminierte Karte (jedes Flugziel hat eine andere Farbe) und wird später wieder eingesammelt. Wir sitzen noch eine Stunde und dann rollt – unerwartet mit Verspätung -  die Boing 737 der RyanAir vor der Halle aus – eine kleine Maschine, bunt bemalt und dazu die Aufschrift: „Are your ready to go?“ – sollen wir wohl nach Glasgow laufen, ist dies das Geheimnis der niedrigen Preise? – Wir machen unsere Witze und nachdem die Passagiere aus Glasgow den Flieger verlassen haben, dürfen wir bereits über das Rollfeld gehen und einsteigen. Freie Sitzplatzwahl – wer zuerst kommt mahlt zuerst - kann auch nicht schlechter sein, als wenn man sich über die zugeteilten Plätze ärgert.

Etwas unpünktlich geht es los, ich gucke schon auf die Uhr, ob meine Anschlusspläne so zu schaffen sind – Kaffee/Tee an Bord kostet 1,50 Pfund –  und nach 2 Stunden sind wir dann auf dem Landeanflug in Glasgow-Prestwick. Auch hier ist alles sehr übersichtlich, wir laufen vom Rollfeld durch eine Halle, bekommen ruckzuck unser Gepäck und sind im Nu draußen vor dem Gebäude. Da steht auch schon der Bus für 50 Cent in die Stadt – der fährt aber über alle Dörfer und braucht 90 Minuten – normalerweise kein Problem, aber unser Anschlussbus  geht bereits in 80 Minuten. Durch diese Verspätung sind die Pläne etwas durcheinander – wir nehmen wenig später den X77-Express-Buss (kostet 3,50 Pfund) und sind nach 30 Minuten auf dem Busbahnhof an der Buchanan Street. Wir haben genügend Zeit unsere Buskarten für die Tour nach Norden zu kaufen – aber ein anderer Programmpunkt fällt der Verspätung zum Opfer:

Da ich gehört habe, dass es nicht einfach ist, Benzin für den Kocher in Glasqow zu bekommen, hatte ich vorher per E-Mail Kontakt aufgenommen mit Bill Paterson vom Laden ADVENTURE1 in der Dundas Street 38 (2 Querstraßen hinter dem Busbahnhof) um mir sicher zu sein, dass wir den Treibstoff für unseren Primus schnell erhalten können – kein Problem, Bill hat Coleman Fuel „in stock“ und schickte mir eine Wegbeschreibung mit Skizze und dem Hinweis, dass sein Laden um 17.15 Uhr schließt. Nicht nur der Laden von Bill – fast alle Geschäfte in der Innenstadt von Glasgow schließen um diese Zeit – und das in einer quirligen Metropole. Als wir am Busbahnhof ankommen ist es jedoch schon  17.20 Uhr und so fahren wir „trocken“ mit dem Citylink um 18.00 Uhr nach Norden.
Bei bestem Sonnenschein bringt uns der Bus vorbei am Loch Lomond, über die kleinen und hübschen Orte Crailarich, Tyndrum und Bridge of Orchy und durch die weiten Ebenen des Rannoch Moor in 2 ½ Stunden die Strecke von ca. 120 km zum Kingshouse Hotel am Rand des Rannoch Moors, am Eingang des berühmten Glen Coes. Über weite Stecken haben wir den Weg des West Highland Ways parallel zur Straße und uns wird immer mehr bewusst, dass unsere Entscheidung für uns gut war, diesen Teil zu vermeiden.  

Kingshouse Hotel im Abendlicht

Bei strahlendem Sonnenschein steigen wir gegen 20.30 Uhr aus dem Bus aus, vor uns das weite Hochmoor und dazwischen nur das bereits seit Jahrhunderten bestehende Kingshouse Hotel und seine Nebengebäude. Direkt dahinter auf einer kleinen Wiese am Fluss stehen bereits ca. 10 Zelte – wir suchen uns eine Stelle etwas abseits und bauen unser Zelt auf.

Nachdem wir uns 2 Liter Wasser aus dem Bach gepumpt haben, stellt sich die Frage, wie kochen – ohne Benzin? Es gibt eine kommunikative Lösung für das Problem: ich quatsche 2 Holländer an, die gerade vor ihrem Zelt sitzen, gerne kochen die beiden einen Topf Wasser für mich und wir unterhalten uns währenddessen über Schottland und die Gegend. Schnell ist unser Essen fertig und im Anschluß gehen wir auf ein Guinness zum Hotel.  

  Unser Blick zum Guinness

Ich hatte von zuhause einen Beutel mit britischem Kleingeld dabei, was bei uns im Betrieb halt so in den Automaten landet. Der Beutel macht ca. 10 Pfund (Wert) aus und wiegt fast ein Pfund (Gewicht), bestens für die ersten Bierchen – dachte ich. Leider stellt sich heraus, dass die ganzen 5 Pence-Stücke gar nicht mehr gültig sind. Immerhin 6 oder 7 Pfund des Inhalts sind noch was wert – aber der schwere Rest ist nur noch unnötiges Gewicht. Ich gucke den jungen Barkeeper an und frage ob er das Zeug haben will: For your Children? – ganz verdutzt schaut er mich an und steckt den Beutel weg, bis der Jüngling mal Kinder hat, sind das schon bald Raritäten. Grinsend und zufrieden mit dem Beginn unserer Tour sitzen wir bei leuchtendem Sonnenuntergang um 22.00 Uhr vor dem Hotel und genießen unser Bier – bei 2,20 Pfund für ein Glas (ca. 8,00 DM) muß es aber auch gut schmecken.

23.05.2001
Bereits um 6.00 Uhr ist die erste Nacht im Zelt vorbei. Nach einer Katzenwäsche am Bach suche ich die anderen Zelte ab, ob schon jemand wach ist – ich brauche einen Spender für heißes Wasser zum Kaffee-Kochen.  

Zeltplatz am Morgen

Es dauert nicht lange, da habe ich einen jungen Engländer beim Köcheln entdeckt, wieder gibt es ein nettes Gespräch während er unser Wasser heiß macht. Ich finde Outdoor-Küche auf diese Weise ganz praktisch – ist das auch Gewichtstuning, wenn ich kein Benzin schleppen muß?  
Blick ins Glen Etive

Müsli essen, Aufräumen, Zusammenpacken – und gegen 8.00 Uhr sind wir unterwegs zu unserer ersten Tagesetappe. Wegen der Foot- and Mouth (Maul- und Klauenseuche) ist eine Weide gesperrt und wir laufen ein paar Kilometer links davon am Rand der Straße, die aber zum Glück um diese Uhrzeit kaum befahren ist. Bald kommen wir nach Altnafead – der Ort besteht nur aus einigen Schafställen und einem Haus, am Straßenrand liegt ein totes Schaf – scheinbar stört das niemanden. Und hier zweigt der Weg ab auf die „Devil`s Staircase“ – ist aber nicht so schlimm, wie es sich anhört, in leichten Serpentinen führt der Weg von ca. 300m Höhe auf 550m. Bereits nach einem kurzen Stück haben wir beim Blick zurück eine schöne Sicht entlang der  Straße ins Glen Coe – das Tal ist sehr malerisch, leider auch sehr touristisch, bereits um diese Uhrzeit sind die Parkplätze am Straßenrand voll geparkt. Die meisten Leute sind Bergwanderer und wollen auf den einen oder anderen „Munro“ steigen. Munro ist die Bezeichnung für Berge, die eine Höhe von mindestens 3000 Fuß haben (knapp 1000 mtr.) – das hört sich nicht besonders hoch an, aber es geht hier in Schottland bei vielen Munros fast auf Meereshöhe los und die Flanken sind meist sehr schroff und steil.  
In den Marmores oberhalb der Devil's Staircase

Unterwegs kommen uns zwei Wanderer immer schneller nach, die beiden laufen förmlich den Berg hoch und dabei hat einer von Ihnen riesige Gummistiefel an, die ihm fast bis zu den Knien reichen. Verwundert gucken wir ihnen nach – später stellen wir fest, dass die Jungs im nächsten Quertal eine Baustelle an einer Furt betreuen, jetzt stehen sie im Bach und schleppen Steine.

Bald haben wir die höchste Stelle des Weges erreicht und machen eine Pause – bei einem angenehmen Wind und strahlendem Sonnenschein betrachten wir das Panorama der Munros und sonstiger Hügel - da kommen mehrere Jets der britischen Luftwaffe aus dem Glen Coe geflogen und drehen tief unter uns im Tal ihre Schleifen und fliegen hin und her, die Szene hat etwas Irreales – wie Fledermäuse von oben.  
Eine der vielen Holzbrücken am Weg

Durch ein weites Hochtal und auf langgezogenen Schotterwegen – ehemalige Militärwege - laufen wir weiter nach Norden. Bald spüren wir ein milderes Klima, über satte  Grashänge mit Birken, Ginster und vielen zarten Blumen  geht es langsam auf Kinlochleven am Meeresarm Loch Leven zu. Vorbei an der Bergstation des Wasserkraftwerkes, das den Ort und ein Aluminiumwerk mit Strom versorgt, laufen wir weiter auf den Schotterwegen runter zum Ort – ein Abstieg bis auf Meereshöhe, wir spüren die Anstrengung bereits in den Beinen, der Rucksack hängt schwer und ungewohnt im Rücken und wir sind froh als wir gegen 13.00 Uhr im Ort ankommen. Nach etwa 16 km haben wir das heutige Ziel erreicht.

Der erste Weg führt uns auf der Suche nach Benzin in den Supermarkt – Fehlanzeige. Gegenüber ist ein Haushaltswaren- und Campingladen – der hat aber an diesem Tag ausnahmsweise geschlossen, Aber kein Problem, im Supermarkt erfahre ich, dass sich am Ortsende eine Tankstelle befindet. Wir müssen sowieso in die Richtung, am Ende des Loch Leven mit tollem Blick in den Fjord ist die Campingwiese des MacDonald Hotels.

Gleich nach dem Zeltaufstellen gehe ich mit meiner Benzinflasche los – I`m walking – die Tankstelle sieht etwas verlassen aus, ist gerade geschlossen. Also gut zurück zum Campground, ich frage mich im Hotel durch  und erfahre, dass die Tankstelle bereits seit Februar geschlossen ist – und der Hotelbesitzer hat nur ein Dieselauto – und außerdem hätten die Autos alle einen Sicherheitsverschluß am Tank – Fehlanzeige.

Zurück auf der Zeltwiese stehen wir etwas ratlos rum, bis wir bemerken, dass nebenan eine Grundschule ist. Also ein neuer Versuch, wir gehen ins Sekretariat und fragen nach dem Chemielabor – die Dame bringt uns zu Mr. Fish  und der nette ältere Herr hört sich unser Problem geduldig an. Mr. Fish verschwindet kurz im Nebenraum und kommt mit einer Flasche mit der Aufschrift „Petrol“ zurück – nach einer kurzen Riechprobe füllt er den Inhalt in unsere Benzin-Flasche, schade das es nicht mal 200 ml sind – aber das Mittag- und Abendessen ist gerettet.

Nach einer heißen Dusche und Faulenzen auf der Wiese sitzen wir auch heute abend wieder bei einem Guinness vor der Bar. Es ist bis spät in den Abend taghell – dabei liegt diese Gegend hier gerade mal auf dem Breitengrad der Nordspitze Dänemarks.

  Abendstimmung beim Campground

24.05.2001
Nach einer ruhigen Nacht stehen wir heute erst um 7.00 Uhr auf – den Cappuccino „kochen“ wir mit dem Heißwasser aus der Dusche, das Benzin von Mr. Fish haben wir gestern mit Bannock backen und Ungarntopf verprasst. Auch gut – schließlich geht es gleich zu Beginn einen steilen Anstieg mit ca. 250 Hm hoch, ist ja praktisch, dass ich keine schwere Benzinflasche schleppen muss. Die Rucksäcke drücken uns immer noch auf der Hüfte, aber ich habe schon ein besseres Gefühl für das Gewicht und wir kommen gut voran. Bald haben wir einen schönen Blick runter zum Loch Leven, die Hänge sind grün und bewachsen von Birken und leuchtend gelbem Ginster – das milde Klima wird durch den Golfstrom begünstigt.  Bei bestem Wetter - Sonnenschein und ein leichter Wind, wandern wir das breite Hochtal entlang. Weit verstreut grasen Hunderte von Schafen -  zottelige Blackheads, sehr viele Muttertiere mit kleinen Lämmern und außer zwei Hausruinen gibt es über viele Kilometer nur weite Natur. Die Einsamkeit hat aber plötzlich ein Ende, als uns eine Schulklasse und viele Männergruppen aus allen Richtungen entgegenkommen – ist denn hier schon Vatertag?  
Auf dem Weg nach Ft. William

Nach weiteren 6 km auf den alten Militärwegen immer so auf ca. 300 mtr. Höhe kommen wir zu einem Wäldchen mit Ausflugsparkplatz und Blick runter zu einem kleinen See – ab hier ist es laut unserem Wanderführer „ganz einfach“, jedoch nach nunmehr bereits 14 km in den Beinen geht es einige Male im Wald 100 Hm hoch und wieder runter und es ist einfach kein Ende abzusehen. Manchmal ist der Blick frei zum Ben Nevis – wuchtig, teils schneebedeckt steht der höchste Berg der britischen Insel mit 1344 mtr. vor uns und keine Wolken um den Gipfel, dass ist gar nicht so selbstverständlich – soll im Jahr nur an durchschnittlich 80 Tagen vorkommen. Nach weiteren 3 Km über schottrige Forstwege geht es endlich bergab zum Glen-Nevis-Campground, eine schöne Anlage mit vielen Wohnmobilen, aber die große Zeltwiese ist etwas abseits hinter Bäumen, dass wir uns gleich wohl fühlen. Wir sind nun heute ca. 22 km gelaufen und freuen uns schon auf unser Mittagessen.  
Eines von vielen Vieh-Gattern

Im Shop gibt es nicht nur Coelman-Fuel zu Apothekerpreisen (1/2 Liter für ca. 4,50 Pfund = ca. 15,-- DM) sondern sogar jede Art von Gaskartuschen. Nun habe ich sogar die Auswahl für meinen Primus Multifuel – ich kaufe das Benzin, schließlich schleppe ich nun schon lange genug eine leere Benzinflasche mit. Nun ist scheinbar Schluss mit meinem Gewichtstuning – und einen Grund, um die Leute anzuquatschen habe ich auch nicht mehr.

Frisch geduscht, satt und zufrieden sitzen wir bei einem Früchtetee vor unserem Zelt – aber nicht lange. Ab ca. 21.00 Uhr kommen die ganz kleinen und gemeinen Mücken und wir sehen nur noch einen einzigen Fluchtweg: das Pub für ein obligatorisches Bier.

  Ben Nevis

25.05.2001
Aufstehen gegen 7.30 Uhr, die kleinen Griebelmücken sind auch bereits da – das Wetter hat umgeschlagen, es ist bewölkt und die Flanken des Ben Nevis zieht ein Hochnebel entlang.

Der Kocher will nicht und spuckt nur noch rum – war wohl das Benzin vom Mr. Fish nicht mehr so toll. Kocherreinigen und dann Frühstücken, Abbauen und Fertigmachen, dann können wir um 10.00 Uhr loslaufen.  
Foot- and Mouth-Desinfektion der Schuhe am Weg

Erst mal gehen wir etwa eine Stunde am Ufer des Nevis entlang, obwohl auch die Straße durch das Tal führt ist es sehr ruhig und wir hören nichts außer dem Plätschern des Wassers.

Dann wird das Tal enger und wir müssen eine weitere Stunde auf Asphalt laufen. Es ist recht unangenehm neben den Autos auf dem Weg zum Parkplatz und die Blasen an den Zehen drücken. Doch der angenehmere Teil des Weges folgt nun, wir  steigen über Steingewirr auf einem engen Weg im Birkenwald und an kleinen Wasserfällen vorbei immer höher bis sich das Tal lichtet und wir auf einer wunderschönen Hochwiese umrahmt von felsigen Bergen (Munros vielleicht?) direkt vor einem ca. 50 Meter hohen Wasserfall stehen. Einige der Tagesausflügler vom Parkplatz unten sind auch auf dieser Wiese und am Fluss entlang verstreut, aber als es nach einer gemütlichen Pause  weiter am Ufer des Nevis entlang geht, sehen wir keinen Menschen mehr.  
Wasserfall im oberen Glen Nevis

 Wir gehen auf gut ersichtlichen Wegen leicht ansteigend immer am Ufer entlang, das Tal ist sehr weit,  links und rechts sehen wir die Bergspitzen manchmal mit Schnee bedeckt. Gegen 15.00 Uhr machen wir Pause an einem kleinen Bach zum  Wasser pumpen, Essen kochen und Teetrinken. Nun fängt es an zu regnen. Es ist ein weicher Regen, der uns eigentlich nicht stört.  
Bachdurchquerung

In den nächsten 2 Stunden laufen wir bei Regen und der Weg wird immer undeutlicher und moorig. Im Zickzack laufen wir weiter, hüpfen über kleine Bäche, stehen plötzlich vor Wasserlöchern und weichen Sumpfwiesen aus, in denen wir ohne Vorwarnung bis zu den Knöcheln einsinken. Der Weg ist wieder beschwerlicher und wir sind froh als wir gegen 18.00 Uhr  weit vor uns das Dach der Meanach Bothy – unserem Tagesziel entdecken. Der Weg liegt nun auf ca. 360 Mtr. Höhe, die höchste Stelle des Tages war bei ca. 400 Hm.

Der Regen hat aufgehört, der leichte Wind wird frischer  und an allen Bergen um uns herum hängen tiefe Wolkenschleier – im Osten weit hinten im Tal sehen wir die Sonne strahlen.
  Glen Nevis

Wir haben den Nevis nun hinter uns gelassen und sind bereits am Ufer des Abhainn Rath. Nach einer weiteren halben Stunde Moor-Springen sind wir an der Bothy und gucken uns erst mal um. Drinnen sind 3 englische Ladies und 3 junge Deutsche – irgendwie kommt uns die Hütte richtig überfüllt vor und wir stellen erst mal am Bach unser Zelt auf.  

Während wir in der Hütte unser Abendessen kochen unterhalten wir uns mit den Leuten, das übliche Woher und Wohin – und erfahren, dass auch diese Deutschen sind mit der Ryanair geflogen sind.

Während wir unser Wasser pumpen – es dauert ganz schön bis 6 Liter in den Beuteln und Flaschen sind, gucken wir uns die Berge und das schöne Spiel der Wolken an – aber bereits um 22.00 Uhr sind wir rechtschaffen müde und es zieht uns in unser Zelt, obwohl es noch sehr hell ist. Wir waren heute 9 Stunden unterwegs und haben 21 km geschafft – die vielen Pausen und der schlechte Weg macht sich bemerkbar.

  

26.05.2001
Fast die ganze Nacht hat der Regen aufs Zelt geprasselt und der Wind blies kühl dagegen – aber mein leichter Daunenschlafsack ist mir viel zu warm, ich nehm den nur als Decke.

Gegen 7.30 Uhr stehen wir auf, alle Leute in der Bothy schlafen noch. Ich räume leise zusammen, aber gegen 8.00 Uhr faucht der Multifuel los und weckt hoffentlich nicht alles auf. Nach einem leckeren Frühstück räumen wir den Platz für die anderen und sind um 9.00 Uhr zum Abmarsch fertig.  


 Es geht wieder 2 km durch das Moor – der gleiche sumpfige Weg, wie am Vortag. Dann wird der Pfad wieder besser, sanft absteigend gehen wir am Fluss entlang, mit vielen kleinen Wasserfällen, ausgewaschenem Gestein, Birken und Blumen am Ufer. Die Sonne strahlt vom Himmel und die Steine glitzern im Fluss. Wir lassen uns viel Zeit und kommen nach 2 Stunden langsam zum Südende des Loch Traig. Wir treffen ein paar Angler, eine Gruppe von Leuten sind auf einem Tagesausflug unterwegs – alle sind sehr freundlich, die Briten grüßen nicht nur beim Vorbeigehen, es kommt meist noch eine Frage nach dem Befinden oder so. „Hi, it’s a glorious day“ – schmettert mir eine ältere Dame entgegen.  

Am Loch Treig

 Langsam geht es an einer Bahnlinie entlang ca. 150 Hm höher ins Moor – einem Ausläufer des Rannoch Moor. Die Berge sind weit zurück getreten, die Landschaft ist mit dunklem Heidekraut bewachsen. Obwohl eintönig ist es wohltuend hier einfach nur dem Pfad nachzugehen. Auf oft matschigem Weg laufen wir ca. 6 km weiter und sehen dann in der Ferne zwei oder drei Gebäude und ein paar Bäume an der Corrour Bahnstation. Weit und breit nur Hochmoor und dazwischen diese leuchtendweißen Häuschen, irgendwie surreal wirkt die Szene auf uns.  
Hochmoor kurz vor dem Bahnhof

Hier treffen wir gegen 14.30 Uhr nach 13 km am heutigen Tag ein und schauen erst mal auf den Fahrplan, der nächste Zug (einer von nur drei am Tag) kommt um 15.47 Uhr – und am nächsten Tag – am Sonntag – gibt es nur den 15.47 Uhr-Zug. Wir sind etwas ratlos, jetzt gleich wieder zurück nach Ft. William ist uns eigentlich zu früh, aber morgen der Zug deutlich zu spät. Wir könnten zwar in der Gegend noch weiterlaufen, es gibt eine Militärstraße zum Loch Ossian und von dort weiter zur Rannoch Bahnstation – von dort könnte man in einer oder 2 weiteren Tagestouren wieder zurück zum Kingshouse Hotel, aber wir wissen nicht wie weit der Weg dorthin ist, meine Wanderkarte hört hier am Bahnhof auf.

Nach kurzem Überlegen kochen wir uns erst mal am Bahnsteig unser Mittagessen, unterhalten uns mit den Tagesausflüglern, die ebenfalls auf den Zug warten  - und beschließen dann heute noch nach Ft. William zu fahren, um morgen noch die Gegend dort zu erkunden – und vielleicht auf den Ben Nevis zu gehen.

Der Zug ist sehr voll und bringt uns in einer guten halben Stunde in die quirlige Kleinstadt Ft. William. Erst mal gehen wir zur Tourist Info, dann geniesen wir eine britische Nationalspeise – Fish and Chips – und danach wollen wir mit dem Bus um 18.55 Uhr zum Campground fahren – es sind immerhin ca. 5 km dorthin und das auf Asphalt mit vollem Rucksack. Als wir an der Bushaltestelle warten, sagt uns eine Fahrerin, dass es diesen Bus schon seit einem Jahr nicht mehr gibt – sehr sonderbar, dass alle Fahrpläne noch aushängen.

Scheinbar haben wir im Anschluß daran sehr blöd geguckt – denn es spricht uns eine Familie auf deutsch an, ob wir ein Problem haben. Wir unterhalten uns gut mit den Deutschen, die seit 8 Jahren in Inverness wohnen und zu guter Letzt fahren sie uns noch zum Campground am Fuße des Ben Nevis raus – wäre ein langer Marsch am Abend geworden.

Wir beziehen wieder unseren Platz auf der Wiese und gucken hoch zum Berg – das wäre ein schöner Abschluß für morgen. Nach der Dusche und einem leckeren Mousse au Chocolat treiben uns um 21.00 Uhr wieder die fiesen Griebelmücken in die Hände des Pub-Besitzers – nach einem McEvans und einem langen und ereignisreichen Tag geht’s um 22.30 Uhr ins stickige Zelt.

27.05.2001
Viel Regen in der Nacht, um 7.00 Uhr werden wir wach, der Ben Nevis ist bis auf ca. 300 mtr. Höhe wolkenverhangen, es regnet bereits wieder. Hier auf der nassen Wiese frühstücken – ne, wir laufen lieber die 5 km in die Stadt und gönnen uns bei Safeway im Bistro ein englisches Frühstück mit Ei, Würstchen, Bohnen, Ham und Kartoffelplätzchen – pappsatt laufen wir erst mal am Loch entlang, dann Stadtbummel durch sämtliche Outdoor- und Whiskystores der Stadt – die Auswahl ist riesig,  aber die Preise sind gesalzen. Die hochwertigen Whiskys kosten hier meist ca. 10 DM mehr als im Versandhandel in Deutschland.  Nach dem Mittagessen – Fish and Chips, richtig – wollen wir zur Neptun’s Staircase.  

Neptun's Staircase

Wir sitzen noch im Lokal, wann geht der Bus? Ich schaue in des Fahrplanheft und dann auf die Uhr – und dann die Antwort: in 3 Minuten! Wir knallen alles in unsere Plastiktüte, raus aus dem Laden und im Laufschritt joggen wir zur Bushaltestelle. Mit uns gemeinsam fährt der Bus gerade vor, Glück gehabt.

Die Neptun’s Staircase besteht aus 8 Schleusen direkt hintereinander auf dem Caledonian Canal und dazu noch 2 Drehbrücken. Wir schauen zu, wie einige Segelboote mühevoll von einer Schleusenkammer in die andere fahren und nach ca. 90 Minuten endlich freie Fahrt haben. Unterdessen unterhalten wir uns mit dem Schleusenwärter, der uns allerlei Interessantes erzählt, die Fahrt auf dem gesamten Caledonian Canal kostet für die Boote 50 Pfund pro Meter Schiffslänge und dieses Permit gilt dann für eine Woche – ganz schön teuer der Spaß.

Im Dauerregen gehen wir am Canal entlang weiter auf die andere Seite des Loch Eil in den Ort Corpach – dort ist nicht viel los, im Hafen tümpeln ein paar Boote und wir gehen in die einzige sonstige Sehenswürdigkeit: The Juwellry Treasure – Gemstone Museum mit vielen wunderschönen Kristallen.

Der Weg zurück nach Ft. William und dann zum Campground ist lang und der Regen wird immer stärker. Die Hose ist komplett durchnässt als wir ankommen, wir duschen und kochen dann im Dauerregen unsere Macceroni mit Tomatensauce. Auch heute haben wir wieder einen Grund, um den Tag im Pub bei einem Bier ausklingen zu lassen.

28.05.2001
Nach dem Frühstück packen wir zusammen und laufen in die Stadt. Um 11.15 Uhr geht unser Bus zurück nach Glasgow und so können wir vorher noch ein paar Sandwiches und natürlich einen guten Whiskey kaufen – ist egal, dass er teurer ist als zuhause, immerhin ein schönes Mitbringsel.

Der Bus fährt entlang am Loch Linnhe zum Loch Leven und dann direkt durchs geschichtsträchtige Glen Coe – die Gegend ist wunderschön, aber hier sind Hunderte von Autos unterwegs und keine Ruhe zu spüren. Bald sind wir wieder beim Kingshouse Hotel – der Kreis schließt sich und wir fahren im Regen den uns schon bekannten Weg zurück nach Glasgow. Jetzt ist es gegen Mittag und wir sehen sehr viele Wanderer am Rand des Tales zwischen Bridge of Orchy, Tyndrum und Crailarich auf dem West Highland Way laufen. Wir wissen bereits, dass diese Leute alle noch den schönsten Teil ihrer Tour vor sich haben.

Im Tourist Info suchen wir nach einem Hostel in der Innenstadt, da unser Bus zum Flugplatz bereits um 8.45 Uhr geht. Des Euro-Hostel liegt ca. 10 Minuten vom Busbahnhof entfernt, direkt am River Clyde. Ein kleines Zimmer mit Stockbett kostet für uns jeweils 18,50 Pfund, der Preis scheint uns günstig für die Lage.

Wir wollen noch etwas in die Stadt, aber auch heute haben die Geschäfte in der Fußgängerzone bereits fast alle um 17.00 Uhr geschlossen. Ein starker Wind weht vom Clyde hoch und wirbelt Plastiktüten durch die Straßen, wir entdecken ein Filmteam, dass gerade Aufnahmen macht, nachdem wir uns vom Scriptgirl alles erklären lassen betrachten wir uns den irrsinnigen Aufwand, den 17 Menschen (davon nur zwei Schauspieler) für ein paar Szenen betreiben.

Ein letztes Mal kochen wir unser Essen, mit dem Benzinkocher im Hostel – ich weiß gar nicht ob das erlaubt ist. Und kaum ist das Wasser heiß, ist auch schon wieder das Benzin alle – schon wieder sitzen wir in Glasgow und haben keinen Sprit, dass kommt mir doch bekannt vor.

Duschen, kurz ins Internetcafe des Hostels und dann noch eine Stunde mit Leuten aus allen möglichen Nationen vor der Glotze, dann geht’s ab ins Bett. Der starke Wind übertönt in der Nacht sogar die Geräusche vom nahen Bahnhof – wir haben gar nicht das Gefühl in der Stadt zu sein.   

29.05.2001
Nach einem gemütlichen und reichhaltigen Frühstück (im Preis inbegriffen) laufen wir zur Buchanan Street und fahren mit dem 50 Cent-Airbus zum Bahnhof. Die Fahrt über alle Dörfer ist recht kurzweilig und ruckzuck sind wir am kleinen Airport.

Der Rückflug ist pünktlich und fast etwas zu schnell sind wir in Hahn und zurück im Alltag.

Auch die deutschen Beamten scheinen Spaß zu verstehen, auf der Autobahn in der Nähe des Hockenheimrings sehen wir vor einer langen Baustelle ein Schild: „Bitte fahren Sie zügig – Sie verursachen einen Stau“.

Die Tour in die schottischen Highlands war nicht recht lange – aber eines ist sicher: Ich komme wieder. Dieses Land hat mich bereits in seinen Bann gezogen.

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